Jussuf Abbo (1888-1953)

Jussuf Abbo wurde um 1888 in Safed / Palästina geboren. Seine Eltern waren Bauern jüdischen Glaubens. Er arbeitet für kurze Zeit als Steinmetz an Bauarbeiten auf dem Ölberg in Jerusalem, wo der preußische Hofbaumeister Otto Hoffmann auf ihn aufmerksam wird und ihn für ein Studium in Berlin empfiehlt. Um 1911 geht Jussuf Abbo nach Berlin, wo er zwischen 1912 und 1918 Bildhauerei studiert. 

 

Er wurde in den 1920er Jahren eine bekannte Künstler-Persönlichkeit in der Berliner Kulturszene, die sein extravagantes Auftreten in der Öffentlichkeit pflegte. So war bekannt, daß er sich in seinem großen Atelier in Berlin ein Beduinenzelt aufgebaut hatte, in dem er auch zu übernachten pflegte. Seine Skulpturen und Zeichnungen wurden in einigen der etabliertesten Galerien seiner Zeit ausgestellt und von bekannten Kunstkritikern besprochen, wie u.a. von Paul Cassirer, Ferdinand Möller, Alfred Flechtheim, J.B. Neumann oder Herbert von Garvens. Seine Arbeiten wurden erworben von bedeutenden privaten Sammlern und staatlichen Museen in Berlin, Hannover, Chemnitz, Hamburg und Mannheim. 

 

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird Jussuf Abbo seine jüdische Herkunft zum Verhängnis. 1935 flieht Jussuf Abbo mit seiner Frau Ruth Schulz, über Umwege nach London. Ein Neustart seiner Künstlerkarriere in England scheitert. 1953 stirbt Jussuf Abbo mittellos und vergessen in London. 

 

Said Baalbaki

Der deutsch-libanesische Künstler Said Baabaki präsentiert die erfolgreiche Künstlerkarriere des Palästinensers jüdischer eltern Jussuf Abbo in den 1920und 30er Jahre in Deutschland und das Scheitern seiner zweiten Karriere in England nach der Flucht vor dem Nationalsozialismus ind Deutschland.

 

Der Künstler Said Baalbaki erarbeitet in seinen zum Teil großformattigeen Bildern und interdisziplinären Kunstwerken Themen wie Reisen, verlorene Heimat, geschichtliche Zusammenhänge und gesellschaftliche Vernetzung sowie Ankommen an neuen Orten. Diese Themen greift Baalbakiin der ausstellung "Jussuf abbo, der heimatlose Prinz" auf. Baalbaki, selbs aus der Heimatregion abbos kommend, wie dieser ebenfalls in Berlin ausgebildet und als anerkannter Künstler lebend, erfährt vergleichbare berufliche Erlebnisse, die er in seinen Werken verarbeitet. Er verbindet in seinen Arbeiten die kulturellen und künstlerischen Wurzeln seiner Heimatstadt Beirut mit den zeitgenössischen Diskursen seiner Wahlheimat Berlin. Er lebt und arbeitet vorwiegend in Berlin, temporär aber auch in Beirut.

 

Inhaltlich prägend für sein Werk ist das selbst erlebte Trauma des libanesischen Bürgerkriegs, aber auch die bereits in der Bibel beschriebene Schönheit des Landes und der Berge Libanons. In seiner Werkreihe „Mon(t) Liban“ reflektiert er den Zwiespalt von Zerstörung und Flucht einerseits und der landschaftlichen Vollkommenheit der Heimat andererseits. Er findet Inspiration in den Werken der Kunstgeschichte z.B. bei Goya, Bruegel und Duchamp. Die monumentale Rückenfigur in seinem Bild „Le Bilboquet“ erinnert an den „Koloss (1810) von Francisco de Goya, dessen malerische Auseinandersetzung mit Fragen der Macht, Besatzung und Gewalt er teilt. Sein Projekt “Al Burak” ist eine fiktionale Darstellung, die die Entdeckung des geflügelten Pferdes mit menschlichem Kopf (Al Burak) dokumentieren soll, das eine bedeutende mythische Figur in der islamischen Tradition ist. 2017 realisierte Baalbaki während seiner Residency auf dem Dach des Auswärtigen Amtes Berlin das konzeptionelle Projekt COOKWAR(E)-101, in dem er Küchenutensilien wie Töpfe, Pfannen und Bestecke zu militärischen Objekten wie Rüstungen, Schilde und Helme transformierte. In seinen Werkreihen bedient er sich nicht nur unterschiedlichster Medien wie Malerei, Grafik, Zeichnung und Skulptur. Auch Grafikportfolios, Künstlerbücher und erstmals in dieser Ausstellung Dioramen sind wichtiger Bestandteil seines Gesamtoeuvres.

 

Said Baalbaki, 1974 in Beirut geboren, lebt und arbeitet seit 2002 in Berlin. Er studierte am Institut des Beaux-Arts in Beirut, bei Marwan an der Khalid Shoman Foundation, Darat al Funun in Amman (Sommerakademie) und von 2002-2005 an der Universität der Künste (UdK) Berlin. Von 2006 bis 2008 absolvierte er am Institut für Kunst im Kontext der UdK ein Studium mit Abschluss „Master of Arts“, in dem er die Verortung künstlerischen Arbeitens im gesellschaftlichen Kontext vertiefte. Sammlungen u.a.: Barjeel Art Foundation, Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate; British Museum, London; Fondation Louis Vuitton, Paris; Collection Solidere, Beirut; Sursock Museum und Saradar Collection, Beirut; Sammlung Till Richter Museum, Buggenhagen; Kunstsammlung Deutscher Bundestag, Berlin sowie in internationalen Privatsammlungen.

 

Weitere Informationen zum Künstler Said Baalbaki:

Fotoauswahl von Werken des Jussuf Abbo

Die Pressebilder sind ausschließlich frei zur Berichterstattung über diese Ausstellung. Die Abbildungen dürfen nicht beschnitten oder manipuliert werden. Veröffentlichung nur unter Angabe der vollständigen Bildunterschrift. Alle Rechte vorbehalten. Copyright-Nennung sind obligatorisch.

Frau mit Hut (1918)
Frau mit Hut (1918)

Kohle auf Papier, 27 x 18,5 cm

Foto: Eric Tschernow. Privatsammlung Berlin

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Schlafender Mann (Selbstbildnis) 1920-30
Schlafender Mann (Selbstbildnis) 1920-30

Kohle auf Papier, 51 x 38 cm

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Zwei liegende Odalisken (XII), 1918
Zwei liegende Odalisken (XII), 1918

Kohle auf Papier, 34 x 43,5 cm

Foto: Eric Tschernow. Privatsammlung Berlin

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Mutter mit Kind um 1920
Mutter mit Kind um 1920

Aquarell auf Papier, 69 x 52 cm

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Sitzender Mädchenhalbakt mit langem Haar, 1922
Sitzender Mädchenhalbakt mit langem Haar, 1922

Kreide-Lithographie, 61,6 x 26,6 cm

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Sitzender weiblicher Akt, um 1920
Sitzender weiblicher Akt, um 1920

Kreide-Lithographie auf Bütten, 52,5 x 41,1 cm

Foto: Eric Tschernow. Privatsammlung Berlin

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK


Jussuf Abbo in Jerusalem, vor 1911
Jussuf Abbo in Jerusalem, vor 1911

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK

 

Jussuf Abbo in seinem Atelier,ohne Datum
Jussuf Abbo in seinem Atelier,ohne Datum

© Nachlass Jussuf Abbo, Brighton/UK